Schlagworte: Kurt Eisner und die bayerische Revolution 1918/19, erster Ministerpräsident Bayerns, pazifistischer USPD-Protest München 1918, Erster Weltkrieg, deutsche Kriegsschuld 1914-1918
Mit diesem dritten Band liegt die friedensbewegte "Trilogie" zum Pazifisten, Revolutionär und bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner (1867-1919) für die Schalom-Bibliothek nunmehr vollständig vor. Nach der umfangreichen Sammlung von "Texten wider die deutsche Kriegstüchtigkeit" aus den Jahren 1893-1918 folgte das Lesebuch "Kurt Eisner als Revolutionär und Ankläger des deutschen Militarismus", eingeleitet durch eine erstmals 1929 erschienene biographische Darstellung von Felix Fechenbach. Aus dem Anspruch, möglichst alle für eine pazifistische Re-Lektüre bedeutsamen Arbeiten bzw. Primärquellen zusammenzuführen, erwuchs sodann die Bearbeitung der hier unter dem Titel "Revolte für den Frieden" dargebotenen Nachlese zu drei Abteilungen: 1. Zeit des Kaiserreichs bis zum Weltkrieg (1891-1914) - 2. Kriegszeit: vor dem Bruch mit der Mehrheits-SPD (1914/1915) - 3. Antikriegs-Streik und Revolution (1918/19). Ohne das Aktionsfeld der Kultur ist Eisners Kampf als Sozialist und Pazifist nicht nachvollziehbar. Der Dichter und seine Dichtungen dürfen auch deshalb nicht unterschlagen werden. Die vollständige Darbietung des 1918 im Gefängnis vollendeten Bühnenwerks "Die Götterprüfung - Eine weltpolitische Posse in fünf Akten" soll dem Lesepublikum die Bedeutung der künstlerischen Formen des Aufstandes gegen Militarismus und Krieg vor Augen führen. Erschütternd ist, was Helmut Donat in einer abschließenden Abteilung zur Erinnerung an Kurt Eisner - zur Geschichte eines schwierigen oder sogar verweigerten Gedenkens - mitteilt. Bedacht werden zudem in einem Beitrag des verstorbenen Historikers Lothar Wieland die vor einem Jahrhundert ausgetragenen Kontroversen. Das hat mit gelehrter Staubwedelei rein gar nichts zu tun. So erfüllt z.B. die Konstruktion einer Scheidung von sogenannter "Verantwortungsethik" und "Gesinnungsethik" (Max Weber) noch immer ihre ideologische Funktion: Wer durch technologische Revolutionen und eine ultimative Aufrüstung - zulasten aller sozialen Felder unserer Lebenswirklichkeit - den nächsten großen Krieg auf dem Globus vorbereitet, kommt zur besten Sendezeit als "Realpolitiker" und "Anwalt der Vernunft" auf die Bühne! Jene aber, die sich dem allgegenwärtigen Irrationalismus der Kriegsertüchtiger nicht fügen, heißen - wie ehedem - "Narren" und "Unheilspropheten" - oder alt- wie neudeutsch: "Lumpenpazifisten".
edition pace. Regal: Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien 8, herausgegeben und bearbeitet von Peter Bürger.
Kurt Eisner (geboren am 15.5.1867 in Berlin als Sohn eines jüdischen Unternehmers, ermordet am 21.2.1919 in München): Journalist und sozialdemokratischer Politiker (SPD, ab 1917 USPD). Nach Beginn des 1. Weltkrieges glaubte er im Kontext der tradierten "sozialdemokratischen Russophobie" zunächst der offiziellen Kriegserzählung des deutschen Kaiserreichs und verteidigte dann erstaunlich lange die Zustimmung seiner Partei zu den Kriegskrediten (die Soldaten befänden sich subjektiv in einer Verteidigungslage, sie bräuchten Waffen). Er erkannte jedoch von August 1914 bis Anfang 1915 immer klarer die Kriegsschuld der Herrschenden in Deutschland und wurde schließlich zum energischen Gegner des militärfreundlichen Establishments in der SPD (das er noch im Februar 1919 wegen der kriegs- und systemstützenden Haltung scharf anklagen wird). 1917 schloss sich Eisner deshalb der USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei) an, deren Leitgestalt er in Bayern wurde. Gegen den Widerstand der bayerischen SPD konnte Eisner (USPD) die entscheidenden Impulse beim Münchener Munitionsarbeiterstreik (Januar 1918) und zur bayerischen Revolution vom November 1919 geben. Er wurde erster Ministerpräsident des Freistaates Bayern. Seine Ermordung durch Graf Arco-Valley am 21.2.1919 war Gipfelpunkt einer beispiellosen, weithin auch antisemitischen Hetze der militär- und systemtreuen Kreise, die ihre Macht wiedererlangen wollten.
Hrsg. Peter Bürger (geb. 1961 in Eslohe/Sauerland), katholischer Theologe (Studium Bonn, Paderborn, Tübingen 1982-1987), Krankenpfleger (Examen 1991), weitere psycho-soziale Berufsfelder; seit 2003 freier Publizist. Herausgeber der Reihe "Kirche & Weltkrieg" (https://kircheundweltkrieg.wordpress.com) sowie der von ihm konzipierten Editionsprojekte "Tolstoi-Friedensbibliothek" (www.tolstoi-friedensbibliothek.de) und "Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien" (www.schalom-bibliothek.org). Mitgliedschaften: Internationale katholische Friedensbewegung pax christi (ab 1980, aktuell mit Bedenken zu militärgläubigen Teilen der deutschen Sektion); Internationaler Versöhnungsbund (deutsche Sektion); DFG-VK; Solidarische Kirche im Rheinland; Ökumenisches Institut für Friedenstheologie. - Forschungen zu "Krieg und Massenkultur"; Bertha-von-Suttner-Preis (Film & Medien, 2006); außerdem zahlreiche Veröffentlichung zur Regionalgeschichte Südwestfalens und Themen der niederdeutschen Literatur (Rottendorf-Preisträger).
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