"Ich wollte nichts Schlechtes schreiben" gibt allen historisch Interessierten einen authentischen Einblick in den deutschen Alltag der schicksalhaften Jahre 1906 bis 1949. Luise Teichmüller, Ur-Großmutter der Herausgeberin und Ehefrau von Wilhelm Teichmüller, Redaktionsleiter der Neuruppiner Märkische Zeitung, hält in unregelmäßigen Abständen die Entwicklungsschritte ihrer Kinder Hilde und Günther sowie ihrer neun Enkelkinder fest, immer vor der zeitgeschichtlichen Kulisse ihrer Epoche. Teichmüllers Aufzeichnungen sind in erster Linie sehr privater Natur, wenn es darum geht, wie ihre Schützlinge laufen und sprechen lernen, wie Krankheiten und Unfälle überwunden werden oder Feiertage begangen werden. Gleichzeitig lassen sie uns teilhaben am bürgerlichen Leben einer Neuruppiner Mittelstands-Familie und an den einfachen Verhältnissen in einem mecklenburg-vorpommerschen Dorfpastorat, in das ihre Tochter Hilde einheiratet. Besondere Herausforderungen stellen die Entbehrungen der Kriegs- und Nachkriegsjahre dar. Günthers Schilderung, wie er die Verköstigung bei einem Schulkameraden auf dem Lande genossen hat ("wie im Schlaraffenland, wie Frieden"), zeigt, mit welchen knappen Ressourcen die Familie während des Ersten Weltkriegs in der Stadt überleben musste. Der Zweite Weltkrieg fordert dann auch nahe persönliche Opfer: Der in der Nähe von Paris stationierte Soldat Günther wird im August 1944 auf einer Urlaubsreise Richtung Heimat gemeinsam mit seiner frisch angetrauten Braut bei einem Fliegerangriff auf den Zug verschüttet. Nur wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird seine Schwester Hilde zur Witwe, als ein marodierender Russe Joachim Pfannschmidt im Pfarrhaus erschießt. Die Eltern Luise und Wilhelm wollen ihrer Tochter, nun allein mit den insgesamt 9 Kindern, zur Hilfe eilen. Für die eigentlich 5-stündige Reise von Neuruppin ins vorpommersche Groß-Kiesow brauchen die Eltern Luise und Wilhelm knapp 6 Tage - immer auf der Suche nach Essbarem und auf der Hut vor feindlich gesinnten Soldaten, die auch Zivilisten nicht schonen. Deutsche Geschichte, hautnah geschildert von einer Mutter und Großmutter, besonders emotional erschütternd durch die zeitliche Nähe im Moment der Aufzeichnungen.
Ulrike Plessow ist studierte Literaturwissenschaftlerin und begleitet sowohl Verlage als auch Schriftsteller:innen bei der Entwicklung und Vermarktung von Buchprojekten. Einer ihrer Interessensschwerpunkte liegt in der Erforschung und Vermittlung deutscher Geschichte. Im Rahmen ihrer eigenen Familienrecherche stieß sie auf einen persönlichen wie auch gesellschaftshistorischen Schatz: Die Aufzeichnungen ihrer Ur-Großmutter Luise Teichmüller über vier Jahrzehnte und zwei Weltkriege hinweg. 2016 erschien von Ulrike Plessow bereits "Das orientalische Kochbuch" (Verlagshaus Jacoby&Stuart) mit Anekdoten aus der türkisch-arabischen Familie ihres Ehemannes. Zurzeit arbeitet sie an der Publikation der Schicksalsgeschichte von Gertrud Birnbaum, einer deutschen Jüdin, die fünf Kriegsjahre im Haushalt ihrer Großeltern verbrachte und den Nationalsozialismus überlebte.
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