Schlagworte: Klassiker der politischen Geschichtsschreibung, Berühmter deutscher Historiker, Grundlagentheorie, Politik und Geschichte, Standardwerk für Wissenschaftler
Eine in bejahender Gesinnung gehaltene Entstehungsgeschichte des Historismus zu schreiben, könnte als Wagnis erscheinen, da nun schon seit Jahren der Ruf erschallt, daß der Historismus überwunden werden müsse. Aber geistige Revolutionen, die einmal geschehen sind, können nicht ungeschehen und fürder unwirksam gemacht werden. Jede von ihnen wirkt in den Tiefen fort, auch wenn sie von einer neuen Revolution, wie sie heute wieder im Gange ist, abgelöst wird. Und das Aufkommen des Historismus war, was in diesem Buche gezeigt werden soll, eine der größten geistigen Revolutionen, die das abendländische Denken erlebt hat. ... Historismus ist eben zunächst nichts anderes als die Anwendung der in der großen deutschen Bewegung von Leibniz bis zu Goethes Tode gewonnenen neuen Lebensprinzipien auf das geschichtliche Leben. Diese Bewegung setzte eine allgemeine abendländische Bewegung fort, und die Krone fiel dem deutschen Geiste zu. Er hat hier die zweite seiner Großtaten nächst der Reformation vollbracht. Aber da es neue Lebensprinzipien überhaupt waren, die er fand, so bedeutet auch der Historismus mehr als nur eine geisteswissenschaftliche Methode. Welt und Leben sehen anders aus und offenbaren tiefere Hintergründe, wenn man sich gewöhnt hat, sie mit seinen Augen anzuschauen. [Der Autor in der Vorbemerkung]
Friedrich Meinecke (1862-1954), deutscher Historiker und Universitätsprofessor in Straßburg, Freiburg und Berlin, wurde in der Weimarer Republik und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg auch in der Bundesrepublik als der führende Repräsentant der deutschen Geschichtswissenschaft angesehen. Er gilt als Begründer des Ansatzes der Ideengeschichte. Friedrich Meinecke legte 1882 am Cöllnischen Gymnasium Berlin die Abiturprüfung ab. Anschließend studierte er an der Universität Berlin Germanistik und Geschichte und promovierte 1886 mit einer Arbeit über den Jülicher Erbfolgestreit. Einflußreiche akademische Lehrer waren Heinrich von Sybel, Heinrich von Treitschke, Johann Gustav Droysen und Wilhelm Dilthey. 1893 übernahm Meinecke die Redaktion der Historischen Zeitschrift, des Hauptorgans der deutschen Geschichtswissenschaft. 1896 wurde er habilitiert und lehrte einer Zeitlang als Privatdozent in Berlin; 1901 erhielt er einen Ruf an die Universität Straßburg, 1906 an die Universität Freiburg. In diese Zeit fiel die Konzeption seiner drei Hauptwerke, »Weltbürgertum und Nationalstaat« (1908), »Die Idee der Staatsräson in der neueren Geschichte« (1924) und »Die Entstehung des Historismus« (1936). Seit 1909 war er Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften; 1911 wurde er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1915 ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Meinecke gilt als der Erfinder der »Ideengeschichte«. 1918 wurde er Mitgründer der Deutschen Demokratischen Partei. 1933 wurde er in die »American Academy of Arts and Sciences« gewählt. Nach seiner Emeritierung 1932 zog sich Meinecke in der Zeit des Nationalsozialismus aus allen öffentlichen Ämtern zurück. Dennoch veröffentlichte er in dieser Zeit weiterhin Bücher u. a. sein drittes ideengeschichtliches Hauptwerk, Die Entstehung des Historismus. 1948 wurde er zum Ehren-Rektor der Freien Universität Berlin gewählt. 1949 erhielt er die Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main. Das geschichtswissenschaftliche Institut der FU Berlin trägt bis heute seinen Namen.
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