Geschichtsschreibung lebt nicht nur vom großen Überblick. Sie wächst und findet sich auch in lokalen Sphären. Karl Richter hat die Spuren des Freienwalder Orgelbauers Georg Mickly aufgenommen und damit einen weiteren regionalgeschichtlichen Forschungsansatz für die Aufarbeitung des märkischen Landorgelbaus geschaffen. Daraus ergibt sich u.a., dass Mickley als ein orgelbauliches Bindeglied zwischen dem berühmten Breslauer Meister Johann Christian Benjamin Müller (1771-1847) und dem nicht minder bedeutenden Gottlieb Heise (1785-1847) in Potsdam anzusehen ist, wofür auch die äußeren und inneren Baumerkmale der von Richter in Wort und Bild dargestellten Instrumente sprechen. Aber mehr noch, es wird auch spürbar, dass wir es eben nicht nur mit einer Lokalgröße, sondern mit einem wirklichen Meister seines Faches zu tun haben, der seine Kunst beherrschte und im Rahmen seiner Auftragsmöglichkeiten nichts zu wünschen übrig ließ.
Karl Richter, Jahrgang 1934, im sächsischen Chemnitz gebürtig, wuchs im erzgebirgischen Drebach auf und musste sich seinem Berufsziel auf Grund der schwierigen Nachkriegsverhältnisse auf Umwegen nähern, bevor er das ersehnte Studium als Ingenieur für Funktechnik abschließen konnte. 1975 wurden er und seine Familie in Bad Freienwalde sesshaft. Hier begann der von den Orgelklängen seiner Silbermann-Heimat faszinierte systematisch eine Welt zu erschließen, die - wie sich später zeigen sollte - geradezu auf ihn gewartet hatte, weil sich noch keiner mit derselben Akribie um sie bemühte: Richter widmete fast seine ganze Freizeit dem regionalen Orgelbau. Dabei förderte er Erkenntnisse zutage, die sich schon bald als unverzichtbare Mosaiksteine für die landesweite Orgelforschung erweisen sollten. 2003 trat er mit seinem ersten Büchlein „Der Freienwalder Orgelbauer Georg Mickley“ hervor und 2005 überraschte er die Fachwelt mit einem umfangreicheren, exzellent recherchierten Sachbuch „Die Orgelbauwerkstatt Bütow in Königsberg/Neumark“. Außerdem gelang es ihm, im ehemals neumärkischen Zachow ein unbekanntes Instrument des bedeutendsten märkischen Orgelbauers Joachim Wagner zu identifizieren und wertvolle Autographe jenes Meisters und seines Schülers Peter Migendt wiederzuentdecken. Auf Grund dieser Verdienste und seiner sachkundigen Bemühungen um die Regionalorgelforschung wurde er in das Projekt „Orgelhandbuch Brandenburg“ berufen.
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