Rudolf Steiner formulierte das Wesen der Anthroposophie in seinem ersten Leitsatz wie folgt: "Anthroposophie ist ein Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen zum Geistigen im Weltenall führen möchte. Sie tritt im Menschen als Herzens- und Gefühlsbedürfnis auf. Sie muß ihre Rechtfertigung dadurch finden, daß sie diesem Bedürfnisse Befriedigung gewähren kann. Anerkennen kann Anthroposophie nur derjenige, der in ihr findet, was er aus seinem Gemüte heraus suchen muß. Anthroposophen können daher nur Menschen sein, die gewisse Fragen über das Wesen des Menschen und die Welt so als Lebensnotwendigkeit empfinden, wie man Hunger und Durst empfindet." (GA 26, 1. Leitsatz). Denjenigen, denen die Anthroposophie so sehr ans Herz gewachsen ist, als dass sie notwendig ist, wie „Hunger und Durst“, sei diese Textsammlung besonders anempfohlen, denn, wie heißt es so schön: „Der Mensch lebt nicht nur vom Brote allein“ (Mt 4,4).
Geboren wurde Rudolf Steiner am 25. oder 27. Februar 1861 in Kraljevec im nördlichen Kroatien (früher zu Österreich gehörend) gegen die ungarische Grenze zu, doch seine Kindheit verbrachte er im Burgenland südlich von Wien. Er studierte dann an der Technischen Hochschule in Wien Mathematik, Physik, Chemie und Biologie, daneben beschäftigte er sich mit Goethe und trieb philosophische Studien. Im Jahre 1882 wird er Herausgeber der naturwissenschaftlichen Schriften Goethes in Kürschners «Deutscher National-literatur». Daneben wirkte er als Hauslehrer, wobei er auch heilpädagogische Tätigkeiten entfalten mußte. Ab 1890 wird er ständiger Mitarbeiter am Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar und gibt in dieser Funktion die naturwissenschaftlichen Schriften in der großen Sophien-Ausgabe heraus. Er promovierte in Rostock zum Doktor der Philosophie. Von 1899 bis 1904 war er Lehrer an der Arbeiter-Bildungsschule in Berlin. 1902 tritt er in die Theosophische Gesellschaft ein, mit deren Mitgliedern er schon in Wien Kontakte hatte. Er wurde Generalsekretär der deutschen Sektion dieser Gesellschaft. Im Rahmen dieser Gesellschaft findet eine ausgedehnte Vortragstätigkeit in ganz Europa statt. 1910 führte er in München sein erstes Mysterien-Drama auf – dramatisierte seelische und geistige Vorgänge. Nachdem die ganze deutsche Sektion mit Rudolf Steiner von der Theosophischen Gesellschaft wegen unüberwindlichen Differenzen in der Auffassung des Christus ausgeschlossen wurde, fand die Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft (1912/13) statt. Ebenfalls im Jahre 1913 wurde der Grundstein zum Goetheanum in Dornach bei Basel gelegt, als ein spiritueller Bau in völlig neuen Bauformen. 1919 wurde von dem Leiter der Zigarettenfabrik Waldorf-Astoria eine Schule in Stuttgart gegründet. Aus dem Seminarkursus für die künftigen Lehrer dieser Schule ist dann die ganze Waldorf-Pädagogik entstanden. Durch die Bewegung für die Dreigliederung des sozialen Organismus versuchte er auf die chaotischen sozialen Verhältnisse der Nachkriegszeit gestaltend einzuwirken. 1920 wurde der erste Kurs für Ärzte und Medizinstudenten abgehalten. Beginn der Faust-Aufführungen. Infolge Brandstiftung brannte das Goetheanum zu Silvester des Jahres 1922 ab. Ein Modell der Aussenansicht eines neuen Goetheanums in Sichtbeton entstand 1924, dessen Rohbau dann im Jahre 1928 vollendet war. Im Jahre 1924 fand der landwirtschaftliche Kurs in Koberwitz statt. Im Herbst des Jahres 1924 erkrankte er schwer und starb am 30. März 1925.
Michael Heinen-Anders (Hrsg.)
Michael Heinen-Anders wurde am 25.02.1960 in Köln geboren. Er studierte an der Bergischen Universität Wuppertal Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. 1989 schloss er das Studium als Diplom-Ökonom ab. Michael Heinen-Anders trat 1994 der Anthroposophischen Gesellschaft, Zweig Köln, bei. Seit 2012 ist er gleichfalls Mitglied der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Er veröffentlichte zahlreiche literarische, essayistische und wissenschaftliche Schriften.
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