In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts war das Nebeneinander von Geschichte und Vorgeschichte besonders wegen der aus völkischer Ideologie hervor¬ge¬gangenen germanophilen Über-Interpretation der Weltgeschichte und von vorgeschichtlichen Funden eine äußerst folgenreiche Erscheinung. - Am Beispiel des Ortes Wellingsbüttel lässt sich dieses Phänomen im kleinen örtlichen Rahmen nachvollziehen. Und zwar liefert die Wirkungs-Geschichte einer 1933 erfolgten Notgrabung und Freilegung eines Grabhügels das Beispiel: Dort wurde ein - damals als 'Germanengrab' und als Sensationsfund in der Zeitung bekannt gemachter Ort - vom Archäologen R. Schröder (auch mit Hilfe der Hitler-Jugend) ausgegraben und die Fundobjekte gesichert. Allerdings gerieten genaue Details über den 'Hype' weitgehend in Vergessenheit bzw. wurden bei örtlichen Kenntnisträgern wie viele Dinge der NS-Zeit verdrängt. Die Fundobjekte aus dieser Grabung sind im Helms-Museum erhalten, dem Archäologischen Museum Hamburg (= AMH). Sie waren 2009 Ziel eines Besuchs einer Klasse der Wellingsbütteler Grundschule. Zugleich ergab sich der Anlass, der interessanten Fundgeschichte nachzugehen und Altes - wie u.a. das Foto 'in situ' - wieder neu aufzuspüren. Kaum 500 m entfernt ist in der Flur 'Knasterberg' ein besser erhaltener bronze-zeitlicher Hügel, dessen Unterschutzstellung 1933ff mit der Idee eines Kirchbaues auf dem umgebenden Gelände verbunden wurde: auf diese Weise könne die alte 'Weihestätte' der Ahnen in der Verantwortung der Kirche gesichert werden. Parallel zur Entscheidung für die Flur Knasterberg als Kirchbauplatz war auch der Wechsel des ehemals Bramfelder Pastors C. Boeck in den Pfarrbezirk Wellingsbüttel und damit ein Zusammenspiel mit den neuen Machthabern in Partei und Kirchenleitung verbunden. Zugleich mit neuen und der NS-Ideologie nahen Sonntags-Gottesdiensten im Herrenhaus ab Dezember 1933, wurde eine seit langem etablierte Institution verdrängt. Die 'Waldgottesdienste im Wellingsbütteler Gehölz', die im Sommer an Sonntagen in der Grevenau hinter dem Waldhof Randel regelmäßig gefeiert wurden, endeten mit dem September 1933. Dort wurde um 1910 ein anderes Hügelgrab ganz 'un-germanisch' zu einer Kanzel umfunktioniert ...:
Dagmar Gleßmer (Jahrgang 1951) war nach dem Zweiten Staatsexamen 1976 bis 1984 an mehreren Schulen in Barmbek und in St. Pauli-Nord als Lehrerin (Studienrätin VR) tätig. Nach der Elternzeit war sie von 1995 bis 2015 Teil des Kollegiums an der Wellingsbütteler Grundschule Strenge, ihrer ehemaligen Grundschule ab 1957. Der frühere Wohnort und dessen Geschichte sowie auch die Schulgeschichte ist ihr durch die Familien-Überlieferung, zahlreiche Bekanntschaften und die in vielen Jahrzehnten miterlebten Veränderungen bekannt. Nicht zuletzt die Lutherkirche, in der sie konfirmiert wurde, wurde vor allem in der Zeit der Kindergottes¬dienste der eigenen Kinder und durch Pastor A. Michaelis neu relevanter.
Uwe Gleßmer
Uwe Gleßmer (Jahrgang 1951) war nach dem ersten Examen 1977 wissen-schaftlicher Angestellter und ab 1980 Vikar in Klein Borstel. Nach dem 2. theologischen Examen und Ordination 1982 war er in verschiedenen Dienstverhält-nissen bis 2013 an der Universität Hamburg tätig. Dort erfolgten auch seine Promotion zum Dr. theol. und die Habilitation im Fach Altes Testament. Seit 1997 ist er Privatdozent für "Altes Testament und frühes Judentum" und seit 2014 im Ruhestand.
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